Information zur Hörschädigung
„Hast du schon wieder nicht gehört?“
„Du willst nicht hören!“
„Du verstehst ja eh nichts!“
Ein Schwerhöriger kennt dies nur allzu gut. Und diese Situationen kommen oft, wenn nicht sogar täglich. Sie fühlen sich dann brüskiert, nicht verstanden ausgeschlossen. Eine natürliche Folge ist ein Rückzug aus dem sozialen Leben.
Doch das muss nicht sein!
Leicht, hochgradig oder an Taubheit grenzend schwerhörig, einseitig ertaubt, altersschwerhörig, spät ertaubt, taub, gehörlos. Die Bandbreite der Hörschädigung ist groß. Je nachdem, wann die Hörschädigung eintritt, bedeutet dies in jedem Fall ein großer Einschnitt im Leben. In den meisten Fällen erfolgt die Hörschädigung schleichend, bei anderen ist man von Heute auf Morgen ertaubt. Zum Beispiel durch Hörstürze oder durch Krankheiten mit Komplikationen wie z.B. bei Masern. Oder ein Kind kommt taub auf die Welt und, und, und. Die Liste ließe sich endlos fortsetzen.
Doch was kann man tun?
Zuerst ist eine medizinische Untersuchung bei Fachärzten notwendig um Hörschädigungen zu diagnostizieren. Je nach Diagnose werden technische Möglichkeiten ermittelt, um den Hörverlust auszugleichen. Oft ist das langwierig. Der Patient benötigt Zeit, sich an die Geräte zu gewöhnen. Auch kommen zu viele Geräusche auf einmal an, der sogenannte Input. Man ist überfordert mit so vielen Geräuschen, die man nicht einordnen kann. Wenn die stärksten Hörgeräte nicht mehr ausreichen, besteht die Möglichkeit operativ Hörprothesen zu implantieren. Hierzu muss man wissen, dass Hörgeräte das Restgehör verstärken, während Cochlea-Implantate die defekte Hörschnecke ersetzen. Die Implantate geben elektrische Impulse direkt an den intakten Hörnerv ab. Hier lernt das Ohr neu zu hören. Dank modernster technischer und medizinischer Wissenschaft können mittlerweile auch andere Wege das Hören ermöglichen, z.B. Knochenleitungs-Implantate. Fachärzte sehen den Grad oder Umfang des Hörverlustes an bestimmten Messverfahren. Es erfolgen weitergehende Untersuchungen, aus denen hervorgeht, ob jemand für die eine oder andere Methode geeignet ist. Das Wichtigste ist: so früh wie möglich gegen die Hörschädigung etwas tun.
Soweit die medizinische Seite. Doch damit ist es nicht getan. Warum nicht?
Was kann man oder als Eltern tun?
„Wissen ist Macht“ (Francis Bacon – 1958) Wie recht sie hatte, zeigen sich im Wandel der Zeit die medizinischen, sozialen und technischen Fortschritte. Was früher ein Tabu oder sogar zur Nazizeit ein Grund war zu diskriminieren, wird heute „gesellschaftsfähig“. Behinderte gehören nicht an den Rand der Gesellschaft, sondern in die Mitte. Dafür sorgen zum Beispiel Einrichtungen wie Förderschulen (abwertend: Sonderschule), Fachkliniken, Therapeuten, Logopäden mit dieser Thematik, Gehörlosenvereine oder aber Selbsthilfegruppen mit Spezialfachrichtungen, wie in unserem Fall. Hier kommen Betroffene zusammen, die alle mehr oder weniger das Gleiche haben. Das schafft ein Gemeinschaftsgefühl. Hier wird Wissen vermittelt, seelisch aufgebaut. Hörgeschädigte erzählen aus ihrem Leben Situationen, die es ihnen schwermachen Verständnis zu finden.
Wie verhalten sich Hörgeschädigte?
Ein Hörgeschädigter konzentriert seinen Blick auf den Mund seines Gegenübers und sieht vom Mund ab. Ein Hörgeschädigter kombiniert sich die Sätze zusammen. Ein Hörgeschädigter achtet auf Mienenspiel und Körpersprache, weil der Hörgeschädigte seinen Hörverlust durch visuelles Verstehen ausgleichen möchte. Ein Hörgeschädigter (150%) muss tagtäglich eine höhere Hör-Leistung erbringen als ein Normalhörender (80%). Das geht an die Substanz und führt nicht selten zur Erschöpfung, die krank machen kann.
Doch was kann das Umfeld tun?
Beim Sprechen das Gegenüber anschauen und Blickkontakt halten. Nicht schreien, das erzeugt unangenehme Gefühle. Langsam und deutlich sprechen, möglichst ohne Fremdwörter und Dialekt. Geduldig das Gesagte wiederholen. Wenn das alles nicht hilft, Gebärdensprachdolmetscher hinzuziehen oder aufschreiben. Je mehr man auf diese Hilfen im zwischenmenschlichen Bereich zurückgreift, desto eher wird die Hemmschwelle bei der Kommunikation abgebaut werden. Das hilft vor allem im medizinischen Bereich, in einer Notfallsituation, wo dann gezielter Informationen eingeholt werden können. Eltern können zum Beispiel die Gebärdensprache zugunsten ihrer tauben Kinder erlernen, um die Erziehung optimaler zu gestalten. Deutsche Gebärdensprache ist eine seit 2001 anerkannte Sprache. Sie zu beherrschen und anzuwenden erleichtert die Kommunikation zwischen Hörgeschädigten und Normalhörenden enorm. Volkshochschulen bieten z.B. Gebärdensprach-Kurse an.
Nicht sehen trennt von Dingen, nicht hören von Menschen (Emmanuel Kant)